An die Arbeit! – Hin zu Beschäftigung!

Im Mai 2016 organisierte die Europäische Blindenunion (EBU) in Tirrenia, Italien einen Kurs zum Thema Fähigkeiten zur Arbeitssuche und Beschäftigung jünger Menschen mit Sehbehinderungen mit allen Herausforderungen und Möglichkeiten. Wir waren die zwei Teilnehmerinnen aus Finnland, also Susanna Halme und Anniina Latikka, und wir fanden die vier Tage in Italien sehr nützlich. Daher haben wir Pläne geschmiedet, wie wir unsere Erfahrungen auch nach Finnland bringen könnten. Ergebnis waren die sogenannten ”Let's work! – Auf zur Arbeit” Veranstaltungen!

Im Herbst organisierten wir drei Workshops, bei denen es die Möglichkeit gab, mehr über die Beschäftigung blinder und sehbehinderter Jugendlicher zu erfahren.

Präsentationsfähigkeiten, Stärken und Aktivitäten

Let's work! War eine Tour, die in drei Städten in Finnland Halt machte: Helsinki, Turku und Joensuu. In jeder Stadt herrschte eine rege und aktive Teilnahme. Es gab im Schnitt 5-10 Teilnehmer pro Workshop. Wir waren wirklich modern, denn die Jugendlichen nahmen sowohl als Anwesende als auch per Skype teil.

Für jeden Workshop wählten wir ein anderes Thema. In Italien sprachen wir über verschiedene Themen: Lebenslauf und Motivationsschreiben, Körpersprache und Präsentationsfähigkeiten, das Vorstellungsgespräch, verschiedene Theorien, Erkennen von Stärken und Schwächen, usw. Wir nahmen uns die nützlichsten Elemente vor und entwickelten sie weiter.

In Helsinki war das Thema Körpersprache und Präsentationsfähigkeiten, in Turku ging es um die eigenen Stärken und Schwächen, und in Joensuu standen die Bedeutung von Netzwerken, freiwillige Arbeit und Initiative zeigen auf dem Programm. Wir haben die Workshops mit verbalen, aktiven und informellen Methoden erstell, damit jeder auch wirklich teilnehmen und mitlernen konnte. Man konnte Reden halten, verschiedene Kommunikationssituationen mit Partnern nachstellen, sich Pläne und große Träume für die Zukunft überlegen –Träume, die wahr werden können!

Lernen durch Sprechen und Üben

Informelle Methoden und die Gelegenheit, mit anderen zu diskutieren, darin bestanden die absoluten Stärken der „Let's work!“ Tour. Wir konnten einen offenen Raum für Erfahrungsaustausch, zum voneinander Lernen und für neue Ideen und Perspektiven bieten.

"Es war toll, dass man miteinander reden und selbst Dinge ausprobieren konnte. Ich glaube, dass es bei Körpersprache und Präsentation keine einfachen Lösungen oder endgültige Anweisungen gibt, wie man es am Besten macht. Deshalb ist es sehr nützlich, über diese Themen zusammen mit anderen nachzudenken, die unterschiedliche Ansichten haben", sagt Senni Hirvonen, die an Workshops in Helsinki und Joensuu teilnahm.

Väinö Rihti, ein Teilnehmer am Workshop in Turku, ist derselben Ansicht: "Es war nützlich, dass wir Dinge durch Ausprobieren alleine oder in Gruppen mit aktiven Methoden gelernt haben. Durch die praktischen Übungen habe ich konkrete Beispiele für die verschiedenen Themen bekommen".

Beschäftigung – ein großes Thema

Ziel der “Let's work!” Workshops war es, Jugendlichen die Gelegenheit zu geben, einander kennenzulernen, Erfahrungen und Gefühle auszutauschen und über Herausforderungen und Lösungen zum Thema Beschäftigung zu sprechen. Außerdem hofften wir, dass die notwendigen Fähigkeiten in diesem Projekt sich in einer Arbeitssituation verbessern würden. Diese Ziele wurden eindeutig erreicht, und wir merkten außerdem, dass ein starker Diskussionsbedarf besteht. Es gibt Herausforderungen im Bereich Beschäftigung, und blinde und sehbehinderte Jugendliche denken darüber nach.

"Wie fange ich auf einer neuen Arbeitsstelle an? Wie lerne ich, mich in einer neuen Umgebung zurechtzufinden? Wie kann ich mich mit den sozialen Strukturen und Regeln am Arbeitsplatz vertraut machen? Ich denke, dass ich ziemlich gut beim Verfassen von Motivationsschreiben und bei Vorstellungsgesprächen bin. In einer echten Arbeitssituation hätte ich aber etwas Angst, wenn ich beweisen müsste, dass ich als Blinder etwas leisten kann. Was ist, wenn ich all meine Fähigkeiten und Problemlösungen nicht selbstständig finde", meint Senni.

Väinö drückte es so aus: "Meiner Ansicht nach ist die größte Herausforderung bei Beschäftigung die Einstellung gegenüber Blindheit und dazu, wie sehbehinderungsbedingte Probleme gelöst werden können".

Es besteht also Diskussionsbedarf und der Bedarf nach Austausch mit Menschen, die sich in derselben Situation befinden. „Let's work!“ war eine Möglichkeit, diesen Bedarf zu decken. Wir haben uns auf die Spezialisierung auf sogenannte “Blinden- und Sehbehindertenfragen” konzentriert. Wann sollte ich bei der Jobsuche meine Sehbehinderung ansprechen? Ist meine Sehbehinderung eine Stärke, Schwäche oder beides? Wie ist meine eigene Körpersprache, und was passiert, wenn ich die Gesten und Gesichtsausdrücke anderer nicht sehen kann? Auf diese Fragen gibt es keine richtigen oder falschen Antworten.

Sowohl die Teilnehmer als auch wir als Organisatoren konnten viele neue Ideen und Standpunkte zum Nachdenken mitnehmen. Eine der größten Stärken bestand im Modell Jugendliche für Jugendliche. Warum muss immer jemand älteres und klügeres alles organisieren? Die Jugendlichen selbst haben das beste Wissen, wenn sie über Probleme von Jugendlichen sprechen.

“Let's work!” hat viel erreicht. Senni nennt ein konkretes Beispiel für ihre Lernerfahrung.

"Bei beiden Workshops konnte ich eine Rede über meine Zukunftspläne und Träume halten. Die Reden zu planen hat mir dabei geholfen, festzustellen, was ich mir für meine Zukunft wünsche. Oft habe ich mich für alles immer ein bisschen interessiert. Dieser Prozess hat mir jetzt dabei geholfen, meine beruflichen Interessen klarer zu definieren", so Senni, die auf Lehramt für Sonderschulpädagogik an der Universität Joensuu studiert.

Es geht noch weiter

Das “Let's work!” Projekt geht weiter. Diesen Frühling werden neue Veranstaltungen organisiert. Zusätzlich Machen wir eine Serie für das Internetradio für sehbehinderte Jugendliche, die für Themen rund um Beschäftigung sensibilisiert. „Let's work!” wird von der Abteilung für Beschäftigung des Finnischen Blinden- und Sehbehindertenverbands finanziert und großzügig unterstützt.

Text: Susanna Halme