EU-Richtlinie für barrierefreie Internetauftritte:
der Kampf für unser Recht auf Zugang zu Webinhalten

Von Carine Marzin, Vorsitzende des Kampagnennetzwerks der EBU

Im Januar begannen die Regierungen der einzelnen EU-Mitgliedstaaten ihre Verhandlungen mit dem EU-Parlament über den Inhalt der zukünftigen EU-Richtlinie. Der Ausgang dieser Verhandlungen bestimmt, ob blinde und sehbehinderte Menschen zukünftig gleichberechtigten Zugang zu Webinhalten haben werden. Die Entwicklungen verfolgen wir sehr wachsam.

Den Zugang zu Onlinediensten betrachten viele als Selbstverständlichkeit, die meisten Webseiten, Webinhalte und Apps bleiben jedoch für blinde und sehbehinderte Menschen heutzutage unzugänglich. Daher waren wir hoch erfreut, als das EU-Parlament im Februar 2014 mit überwältigender Mehrheit einen sehr aussagekräftigen Text über eine EU-Richtlinie zu Barrierefreiheit im Internet annahm. So dachten wir auch, dass endlich ein Fortschritt in Sicht sei.  Entsprechend schockiert  waren wir dann auch als wir feststellten, wie die meisten Regierungen innerhalb der EU über die vergangenen zwei Jahre nicht nur aktiv versucht haben, die Arbeit an der Richtlinie zu verzögern, sondern sie auch in Bezug auf den bedeutsamen Inhalt auszuhöhlen.

Die EBU hat wiederholt ihre Bedenken sowohl in der Öffentlichkeit als auch bei Treffen mit EU-Ministern und offiziellen Vertretern geäußert, denn für uns besteht jetzt die einmalige Chance, die Diskriminierung in Bezug auf den Zugang zu Informationen und Dienstleistungen für diese und zukünftige Generationen blinder und sehbehinderter Menschen zu beenden.

Jetzt finden Gespräche hinter verschlossenen Türen statt, und EU-Regierungsvertreter werden, unterstützt durch die niederländische Präsidentschaft, Ergänzungen zu ihrer Position vorschlagen. Ein  Entwurf des Verhandlungsdokuments zeigt, dass die EU-Regierungen eine lange Liste von Ausnahmen zur Richtlinie Vorschlagen wollen. Wären sie damit erfolgreich, hätten behinderte Menschen keinen Zugang zu einer Vielzahl von Webinhalten, darunter:

  • Intra- und Extranets,
  • Live ausgestrahlte oder aufgezeichnete Audio- und Videoinhalte,
  • Downloadbare Dokumente,
  • Inhalte Dritter, die auf Webseiten der öffentlichen Hand eingebunden sind,
  • Webseiten öffentlicher Rundfunkanstalten und ihrer Niederlassungen,
  • Webseiten von Nichtregieerungsorganisationen,
  • Webseiten, die direkt von Schulen oder Kindergärten gepflegt oder herausgegeben werden.

Diese auszuschließen ist inakzeptabel. Millionen behinderte EU-Bürger würden daran gehindert, auf Inhalte, Informationen und Dienstleistungen zuzugreifen, die jeder andere als selbstverständlich ansieht. Auch würde dies schwerwiegende Barrieren zur Beschäftigung behinderter Menschen darstellen.

Die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UNBRK), die die EU und ihre Mitgliedstaaten ratifiziert haben, beinhaltet  verbindliche Rechtsvorschriften über den gleichberechtigten Zugang zu Information und Kommunikation. Die EBU verlangt, dass diese Rechtsvorschriften eingehalten werden. Auch verlangt die EBU eine Richtlinie, die einen wirksamen Mechanismus zur Durchsetzung und Bestrafung bei Nichteinhaltung enthält.

Wir leben in einer digitalen Ära. Blinde und sehbehinderte Menschen benutzen Smartphones und Apps wie jeder andere Mensch auch. Online angebotene Informationen und Dienstleistungen können und müssen für alle zugänglich gemacht werden.

Jetzt ist die Zeit sicherzustellen, dass dies auch passiert.

Für weitere Informationen zu dieser Kampagne lesen Sie unser Positionspapier
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