Nach seiner Wahl zum neuen EBU-Präsidenten hielt Rodolfo Cattani seine Antrittsrede vor der Generalversammlung.
Fotografieren: Der neu gewählte Präsident Rodolfo Cattani auf der Bühne während der Konferenz
Zunächst dankte er Wolfgang Angermann für seinen Beitrag zur EBU.
Rodolfo Cattani brachte sodann seinen Dank gegenüber dem Italienischen Blinden- und Sehbehinderten zum Ausdruck, der für seine Ernennung zum Präsidenten verantwortlich war. Rodolfo Cattani wiederholte das Motto der Konferenz: Niemanden zurücklassen. Es bedürfe einer starken Behindertenbewegung, die ihrerseits ein zusammenhängendes Europa bedinge. In Folge der Wirtschaftskrise wüchsen Armut und soziale Ausgrenzung in Europa.
Ein Viertel der Europäer sei von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht. Die Schere zwischen Arm und Reich gehe innerhalb Europas und den einzelnen europäischen Ländern weiter auseinander. Ausländerfeindliche Reaktionen, die in einem Gefühl von Unsicherheit in der Bevölkerung begründet lägen, nähmen stetig zu. Das vorherrschende politische Klima in einigen Ländern habe den Nährboden für ein Erstarken von Antisemitismus und eine zunehmende Islamfeindlichkeit bereitet. Es bedürfe eines Paradigmenwechsels hin zu einer nachhaltigen Entwicklungsstrategie, die den Sparkurs aufhalten und öffentliche wie soziale Investitionen fördern solle, die Menschen also vor Markterwägungen stelle.
Jahrhundertelang wurden Menschen mit Behinderungen abgesondert, erniedrigt und diskriminiert, und ihre Rechte wurden erst kürzlich nach und nach anerkannt. Daher solle jede Ideologie, die auf dem Prinzip ”wir gegen die“ basiere gefürchtet werden, und die soziale Spaltung sei besorgniserregend, sowohl auf nationaler, ethnischer oder religiöser Ebene.
Rodolfo Cattani war überzeugt davon, dass Vielfalt eine Wertvorstellung und keine Bedrohung sei, und glaubte an das Motto „in Vielfalt vereint“. Die Bemühungen von Institutionen, die Inklusion, Solidarität und Nichtdiskriminierung förderten, würden unterstützt.
Rodolfo Cattani sagte, die Welt befände sich in einem schnellen, unvorhersehbaren Wandel. Der Beginn der Wirtschaftskrise im Jahr 2008 setzte das Projekt Europa unter zunehmenden Druck, was zu immer mehr Sparmaßnahmen innerhalb Europas geführt habe. Infolgedessen wurde Integration beinahe vollständig gestoppt. Es gab schwere Menschenrechtsverletzungen, die viele Menschen mit Behinderungen betrafen. Die Regierungen hielten an Systemen fest, die im Konflikt zur UN-Behindertenrechtskonvention stehen.
In den meisten Ländern gab es keine weitere Unterstützung der Behindertenbewegung, und einige waren sogar nicht in der Lage, ihre Beiträge an die EBU zu bezahlen. Die Rechte von Frauen und Kindern mit Behinderungen wurden nicht effektiv geschützt. Die Flüchtlingskrise betraf auch Menschen mit Behinderungen. Trotz der Fortschritte sei es in Wahrheit so, dass Institutionalisierung, soziale Ausgrenzung und Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen in ganz Europa weiterhin bestünden.
Menschen mit Behinderungen sollten die gleichen Rechte und Chancen haben wie andere Menschen innerhalb der Gesellschaft. Rodolfo Cattani wies jedoch darauf hin, dass dies noch nicht erreicht worden sei. Das Programm der EBU für die kommenden vier Jahre müsse blinde und sehbehinderte Menschen stärken. Die Brailleschrift stecke in der Krise, und einige Blinde und Sehbehinderte hätten nicht einmal Arbeit. Viele Blinde und Sehbehinderte seien von IKT ausgeschlossen, weil diese zu teuer seien. Diskriminierung gebe es in allen Lebensbereichen.
Es sei dringend notwendig, die EBU und ihre Mitgliederorganisationen zu stärken, Führung und Arbeitsprozesse zu verbessern. Unterrepräsentierte Gruppen müssten besser vertreten werden, und es solle einen besseren Mitgliederzusammenhalt geben, und die EBU müsse an der Basis sichtbarer werden.
Rodolfo Cattani sagte abschließend, es müsse noch viel getan werden. Die EBU sei stark, und ihr stünde viel Kraft zur Verfügung, und die Zukunft sei positiv, weil die Mitglieder stark seien und für Lösungen kämpfen wollten. Rodolfo Cattani unterstützt die Aktivitäten der EBU, und hofft, stark und überzeugend genug zu sein.