Wir haben die Gelegenheit der Gear-Konferenz genutzt, Perspektiven einiger der repräsentativsten Frauen einzuholen, die innerhalb der EBU und anderer Organisationen aktiv sind und erheblich zur Stärkung der Rechte blinder und sehbehinderter Menschen in Europa und darüber hinaus beigetragen haben. Jede von ihnen ist auf ihre Art ein Vorbild und bereitet den Weg für eine inklusivere, selbstbestimmte und ausgewogene Gesellschaft.
Vorstellungen
Das Bild zeigt, von links nach rechts, Kiki Nordstrom, Maria Kyriacou, Barbara Martín Muñoz, Maria Thorstensson und Birgitta Blokland.
Description: Alle sitzen an einem Tisch, Kikki trägt ein schwarzes Kleid mit rotem Halstuch, Maria trägt ein schwarzes Kleid und spricht in ein Mikrofon, Barbara trägt eine weiße Bluse und sieht sich Dokumente an, Maria Trägt ein weißes Kleid mit orangegrauem Blättermotiv und schaut in die Kamera, Birgitta schaut nach vorne und trägt einen roten Pullover mit einem goldenen Halstuch.
Kicki NORDSTROM, ehemalige Präsidentin der Weltblindenunion
“Ich bin von Geburt an blind, und heute betreiben mein Mann und ich in unserem Wohnort ein kleines Restaurant. Wir arbeiten so ziemlich jeden Tag, mindestens 12 Stunden täglich.”
Birgitta BLOKLAND, gründerin des EBU-Frauennetzwerks
“Als vertreterin der Niederlande trat ich 1997 zunächst der EBU-Kommission für Frauenbei und hatte ihren Vorsitz fünf Jahre lang inne. 2003 wurde ich Vorstandsmitglied der EBU und war 2007 die erste Frau, die in die Position des EBU-Generalsekretärs gewählt wurde. Bis 2011 war ich mitglied des WBU-Exekutivkomitees und anderer Ausschüsse.
In den vergangenen 8 Jahren habe ich zahlreiche Projekte der EBU zum Thema Kultur, Barrierefreiheit, Gender und Sehbehinderung übernommen.
Es war eine Ehre für mich, als ich 2017 für meinen Beitrag zur Arbeit bei der EBU mit dem Arne-Husveg-Preis ausgezeichnet wurde.”
Barbara MARTÍN MUÑOZ, zweite Vizepräsidentin der EBU
“Ich bin 44 Jahre alt und komme aus Spanien. Ich bin Anwältin und habe einen Abschluss in Politikwissenschaft und Verwaltungswesen. Ich habe außerdem viele Masterabschlüsse in diversen Gesetzesfeldern und zur Leitung von KMUs. Ich verfüge über eine 11 Jahre lange Erfahrung im Bereich internationale Beziehungen. Dadurch habe ich in vielen Kommissionen der EBU gearbeitet und spiele bei ihren Themen eine Aktive Rolle, so z. B. beim Marrakesch-Vertrag. Seit Oktober 2015 bin ich die zweite Vizepräsidentin.”
Maria KYRIACOU, EBU-Generalsekretärin
“Ich komme aus zypern. Ich bin 47. Als Kind wurde bei mir ein beidseitiges Retinoblastom diagnostiziert, was eine Sehbehinderung und später Vollblindheit verursachte. Ich bin Lehrerin für Sonderpädagogik mit einem Master in Sehbehindertenpädagogik und arbeite seit 1995 als Expertin in diesem Bereich. Mein Beruflicher Werdegang bei der EBU begann vor etwa 14 Jahren. 2011 wurde ich als ordentliches mitglied in den EBU-Vorstand und 2015 zur EBU-Generalsekretärin gewählt.”
Unn LJØNER HAGEN, Präsidentin des Norwegischen Blinden- und Sehbehindertenverbands
Das Bild zeigt Unn Ljøner Hagen
Description; Unn sitzt an einem Tisch und spricht in ein Mikrofon. Sie trägt ein rotes Oberteil und einen schwarzen Mantel.
“Ich bin 58, verheiratet und Mutter von 3 jungen Erwachsenen. Als Jugendliche wurde bei mir Retinitis Pigmentosa diagnostiziert, und heute habe ich ein nur sehr eingeschränktes Sehvermögen. Ich bin Politikwissenschaftlerin und habe immer zu 100% gearbeitet.”
Anja URŠIČ, Doktorandin, Mitglied des Blinden- und Sehbehindertenverbands Slowenien (ein Bild von Anja ist am Ende dieses Dokuments zu sehen)
Ich bin eine Sehbehinderte aus Slowenien. Ich habe mein Studium für Management von Non-Profit-Organisationen abgeschlossen und bereite derzeit den Forschungsteil zu meiner Doktorarbeit zum nächsten Akademischen Jahr vor. Ich bin in unserem Blinden- und Sehbehindertenverband sehr engagiert, insbesondere im Bereich Ausbildung von Jugentlichen, beim Verfassen von Artikeln, EBU-Projekten, als Teilnehmerin an Konferenzen, usw. Ich versuche aktiv zu sein, um mir neues Wissen, Fähigkeiten und kompetenzen anzueignen, damit ich mich besser bei Themen engagieren kann, die eng mit besonderen Bedürfnissen Blinder und Sehbehinderter verknüpft sind, sowohl auf nationaler als auch Europäischer ebene. Mein Motto lautet “Engagiere dich und sei aktiv!”
1.Können Sie uns aus persönlicher und oder beruflicher Erfahrung etwas über doppelte Diskriminierung als Sehbehinderte und Frau erzählen?
(BMM) Es ist ziemlich schwierig, jedem zu beweisen, dass ich in der Lage bin, viele Dinge zu leisten. Durch meine Sehbehinderung braucht es oft länger, etwas zu schaffen. Das wird oft nicht als solches verstanden, jedoch aber als das genaue Gegenteil ausgelegt. Es hängt nicht von mir, sondern von der Wahrnehmung anderer und ihren Vorurteilen ab. Ich bin daran gewöhnt, aber wenn dazu noch kommt, dass eine Frau zu sein etwas negatives bedeutet, frustriert es mich doch sehr. Deshalb ist meine Einstellung zu zeigen, dass ich sehr wohl In der Lage bin, etwas zu leisten, ob Frau oder nicht spielt dabei keine Rolle.
(MK) Bei Frauen mit Sehbehinderungen ist die Wahrscheinlichkeit, aufgrund ihres Geschlechts und der Behinderung diskriminiert zu werden doppelt so hoch. Ich habe diesbezüglich Glück gehabt, da ich sehr selten von doppelter Diskriminierung betroffen bin. Einerseits, weil ich in einem vornehmlich weiblich dominierten Bereich arbeite, und andererseits im Bereich Bildung für Frauen mit Sehbehinderungen. Manchmal musste ich beweisen, dass mir meine Arbeit nicht als bloße Gefälligkeit gewährt wurde, und dass ich genauso gut, wenn nicht sogar besser Arbeiten konnte als meine sehenden kollegen. Deshalb war es wichtig, hart zu arbeiten, mir neues Wissen und Fähigkeiten anzueignen, Leidenschaft für meine Arbeit zu zeigen und ausgezeichnete zwischenmenschliche Beziehungen zu entwickeln. Was mein Privatleben angeht habe ich meine eigenen Abwehrmechanismen zum Anprangern und zur Bekämpfung sexistischer Kommentare entwickelt und gelernt, mich mit Menschen zu umgeben, die mich als die Person schätzen, die ich wirklich bin.
2.Was waren Ihrer Meinung nach die Highlights der EBU Gear-Konferenz 2019? Was haben Sie erfahren?
(KN) All die Ratschläge und Initiativen mitzubekommen, Frauen zu erreichen, ihnen zuzuhören und von ihnen zu lernen. Auch war es toll, gute alte Freundinnen zu treffen, die immer noch aktiv sind … Norwegen hat mich sehr beeindruckt, als ich von ihren wichtigen Forschungen erfuhr.
(MK) Die konferenz war ein echter Erfolg. Alle Veranstaltungen waren Interessant und wichtig, und das Programm bot genug Gelegenheit zum Netzwerken und für lebendige, interaktive Diskussionen. Zwei Veranstaltungen haben mich richtig bewegt. Die Erste war die Geschichte der Arbeit zu Geschlechtergleichstellung innerhalb der EBU. Es war sehr inspirierend, Kicki Nordström, Birgitta Blokland und Barbara Martin zuzuhören, die Überlegungen hinsichtlich der Reise von der Vergangenheit hin zu diesem Moment anstellten, wobei sie sich nicht nur an die verschiedenen Barrieren und Herausforderungen, sondern auch an die Chancen und das Wissen erinnerten, das sie angesammelt haben, was auf dem Weg nach vorn eine Bereicherung ist. Ein weiteres Highlight war der Vortrag des Norwegischen Blindenverbands über die Auswirkungen der #MeToo Kampagne auf die eigene Organisation und Schritte, die zur Bekämpfung von Anschuldigungen und Verstößen unternommen wurden. Dabei habe ich mich gefragt, ob es ähnliche Situationen auch in anderen Mitgliederorganisationen gibt, einschließlich meiner eigenen.
(BMM) Die Rückschau auf die vergangenen 20 Jahre zu Geschlechterthemen innerhalb der EBU mit einigen engagierten Frauen, die von Anfang an dabei waren. Das gesteigerte Interesse von Frauen, auf dem Laufenden zu sein, aktiv und bereit, mit ihren Erfahrungen mitzuarbeiten. Dass es wichtig ist, auch über schwierige Themen zu sprechen, wie etwa Gewalt gegen Frauen, und vor Allem Frauen mit Behinderungen.
(BB) Sich persönlich kennenzulernen und netzwerken zu können ist absolut wichtig, um die Motivation hoch zu halten, inspieriert zu werden, sich zu verbessern, Fortschritte zu machen und unsere Ziele zu erreichen. Es war eine ware Freude, alte Freundinnen und so viele neue Gesichter zu sehen: kompetent, aktive Frauen, die bereit sind, unsere Arbeit fortzusetzen. Es war sehr ermutigend, ihren Beiträgen während der interessanten Veranstaltungen zu lauschen. Viele haben sich auch klar über den Mangel an Informationen und Führung zu bisher geleisteter Arbeit beklagt und darüber, was aktuell passiert. Sie wussten auch nichts über das Frauennetzwerk der EBU oder darüber, wie sie sich an uns wenden können. Daher war die Konferenz auch in dieser Hinsicht toll, um neu oder überhaupt miteinander in kontakt zu kommen, sich auszutauschen und zu schauen, wie das Netzwerk uns bei unseren gemeinsamen Anstrengungen unterstützen kann.
(ULH) Viele gute und offen geführte Diskussionen zu modernen Themen wie Forschungen zu sehbehinderten Frauen, die #Metoo Kampagne und Technologie.
(AU) Aus persönlicher und beruflicher sicht habe ich viel über die Probleme bei der Geschlechtergleichstellung in Organisationen für Blinde und Sehbehinderte erfahren, und darüber, wie das Thema Geschlechter untrennbar mit nachhaltiger Entwicklung und Menschenrechten für alle verknüpft ist. Die Empowerment Workshops auf der Konferenz gaben mir nützliches Wissen zu modellen, die in Organisationsstrukturen und im Management umgesetzt werden können. Eines der effizientesten dort vorgestellten Werkzeuge war eine politische Maßnahme zu Geschlechtergleichstellung, die zu einer besseren Geschlechterrepräsentation in unterschiedlichen Arbeitsbereichen innerhalb von Organisationen führen kann.Die Durchführung von geschlechtsbasierten Untersuchungen, in denen weibliche und Männliche Hoffnungen/Bedürfnisse getrennt berücksichtigt werden, Frauen zu ermutigen, Führungspositionen einzunehmen, Trainings und Workshops zu organisieren, das sind Aktionen ,die erheblich dazu beitragen, dass Geschlechtergleichstellung richtig gefördert wird und nicht auf der Strecke bleibt.
3.Auf der Konferenz ging es um das interessante Thema Quoten für Norwegen, könnten Sie dies bitte zusammenfassen?
(ULH) Um mehr weibliche Führungskräfte in verschiedene Vorstände zu bekommen, hat die Regierung ein neues Quotensystem eingeführt, das besagt, dass mindestens 40% der Vorstandsmitglieder in Unternehmen aus qualifizierten Frauen bestehen muss. Männer haben mit der Begründung protestiert, dass es unmöglich sei, Frauen zu finden. Bis heute war diese Maßnahme ein großer Erfolg. Alle öffentlichen Vorstände haben ihre Quoten erfüllt, und weibliche Führungskräfte sind in der Gesellschaft viel präsenter.
4.Wie beurteilen Sie geschlechterspezifische Themen innerhalb der EBU?
(BMM) Ich denke, dass sich die Organisation dieser Themen sehr bewusst ist und ihr bestes für die Umsetzung tut, wenn aber die Nationalen Organisationen nicht genügend Frauen zu internationaler Arbeit motivieren, kann die EBU nicht viel machen. Die Konferenz dieses Jahr war ein Erfolg, weil die Teilnehmerinnen nicht nur motiviert waren, sondern auch davon überzeugt, dass ein Bedarf an mehr Teilhabe von Frauen in sämtlichen Lebensbereichen besteht und äußerst wichtig ist.
(MK) Beim Thema Geschlechtergleichstellung und Stärkung von sehbehinderten Frauen innerhalb der EBU war ich schon immer besonders engagiert. 2010 habe ich mit außergewöhnlichen Frauen innerhalb der EBU an der Planung einer Konferenz für Frauen in meinem Heimatland gearbeitet. Seitdem habe ich das EBU-Frauennetzwerk koordiniert. Außerdem habe ich verschiedene Projekte koordiniert, um ein andauerndes Engagement der EBU bei der Förderung von Geschlechtergleichstellung und für die Stärkung von Frauen zu gewährleisten. Spürbare Ergebnisse davon waren Materialien zur Sensibilisierung im Bereich Recht auf Leben ohne Gewalt, eine Materialsammlung zur Mobilisierung von Organisationen für Sehbehinderte, um sich besser auf Geschlechtergleichstellung und die Stärkung von Frauen konzentrieren zu können und ein Kurzvidio, das zehn Frauen und ihren Weg an die Spitze skizziert. Im Ergebniss nehme ich Geschlechterthemen bei der EBU als andauerndes Engagement war, eine Gleichstellung in sämtlichen Arbeitsbereichen, politischen Maßnahmen und Dokumenten der EBU zu erhöhen, und eine ausgewogene Vertretung auf allen Ebenen der EBU voranzubringen. Projekte wie GEAR sind sehr wichtig, um auf die Situation sehbehinderter Frauen und Mädchen aufmerksam zu machen und auf die Inklusion blinder und sehbehinderter Frauen innerhalb der Gesellschaft hinzuarbeiten.
5.Wie können sich Männer mehr für Gleichstellungsgesetze bei der EBU engagieren?
(BMM) Es bedarf einer Sensibilisierung, aber das ist keineswegs genug, denn in der Theorie ist alles gut, aber wenn es um die Praxis geht, klafft eine große Lücke, die wir füllen müssen. Dazu müssen wir beispielsweise Nutzen aus der Tatsache ziehen, dass heute Frauen im EBU-Vorstand sitzen und dafür sorgen ,dass sie besser wahrgenommen und so wirklich gestärkt werden.
(MK) Ich glaube, dass sich Männer innerhalb der EBU sehr wohl der Theorie hinter dem Begriff Geschlechtergleichstellung bewusst sind. Was sie vollumfänglich begreifen müssen ist die Definition und der praktische Nutzen von “Gleichstellungsgesetzen” als einen Weg, das letztendliche Ziel“Geschlechtergleichstellung” zu erreichen. Männer innerhalb der EBU müssen begreifen, dass Frauen mit Sehbehinderungen mit unterschiedlichen Herausforderungen konfrontiert werden, wenn es um ihre vollständige Teilhabe, Vertretung und anständige Arbeitsmöglichkeiten geht. Daher müssen sie die Verantwortung miteinander teilen, politische Maßnahmen und Pläne zu verabschieden, die zu einer Gleichstellung und weniger intersektioneller Diskriminierung aufgrund des Geschlechts führen,wobei gleichzeitig ein gleichberechtigter Zugang zu Ressourcen und grundlegenden Dienstleistungen gewährleistet werden muss, um eine inklusive und gegenüber Geschlechtern verantwortungsbewusste Organisation zu erhalten. Da die nationalen Mitgliederorganisationen der EBU von Männern dominierte Vorstände haben, können Männer beispielsweise gewährleisten, dass ihre Organisationen sich an die Verfassung der EBU halten und ausgewogene Delegationen zu bald folgenden und zukünftigen Generalversammlungen entsenden, sowie mögliche weibliche Kandidaten bei der Ernennung für den Vorstand und andere Führungspositionen ausmachen. Auch können sie die nötigen Ressourcen und Möglichkeiten zur Verfügung stellen, um nationale Frauennetzwerke aufzubauen und sie können finanzielle Mittel zur Organisation nationaler konferenzen und für Trainingsmaßnahmen für Frauen in Führungspositionen generieren.
6.Welchen Rat können Sie als eines der Vorbilder zukünftigen weiblichen Führungskräften innerhalb der EBU geben?
(KN) Lasst euch in Gruppen einsetzen, in denen Entscheidungen getroffen werden, aber denkt daran, dass zwei Frauen in derselben Gruppe immer besser sind als eine in unterschiedlichen Gruppen. Eure Stimme ist für viele Frauen wichtig.
(BB) Ziel des Frauennetzwerks der EBU ist der Wissens-, Erfahrungs- und Gedankenaustausch, sich gegenseitig zu unterstützen und zu inspirieren und einen Beitrag zur Arbeit der EBU zu leisten. Jede blinde oder sehbehinderte Frau kann sich anschließen.
Auch ist es wichtig, ein kleines Netzwerk um euch herum aufzubauen, seid bereit, gleichzeitig auf unterschiedlichen Ebenen zu arbeiten, und stellt fest, welche Position sich am besten zum Erreichen eurer Gruppenziele eignet. Sucht gemeinsame Nenner mit Gruppen innerhalb eurer Organisation und arbeitet zusammen an diesen Themen. Ihr solltet die Funktionsweise eurer Organisation kennen, einen konkreten Aktionsplan aufstellen und aktiv Frauen rekrutieren und vorbereiten, damit sie die Arbeit fortführen ,wenn ihr weiterzieht.
(ULH) Gebt niemals auf! Im Alltag ist es schwierig, unterschiedliche Rollen miteinander zu kombinieren, aber ihr müsst an eure eigenen Stärken und kompetenzen glauben, eine gleichwertige Arbeit abliefern zu können.
7.Vor 20 Jahren haben Sie das Frauennetzwerk der EBU gegründet. Was waren rückblickend seine Auswirkungen, Erfolge und Defizite?
(BB) Wir haben das erste Frauenforum der EBU unmittelbar vor der Generalversammlung 1999 Abgehalten. Dem Frauennetzwerk der EBU gehörten zusätzlich zu der Frauenkommission die Forumsteilnehmer an.
Wir konnten erfolgreich mit anderen Kommissionen an gemeinsamen Themen und Zielen arbeiten.
Wir haben viele Dokumente verfasst, darunter ein Positionspapier für das Recht auf Elternschaft, einen Leitfaden zur Einbeziehung von Geschlechterthemen in sämtlichen Arbeitsbereichen der EBU, Berichte, das Nachrichtenbulletin für Frauen …
Wir haben die Verfassung um Zusätze für ausgewogenere Delegationen und textliche Veränderungen für mehr Vielfalt und Gleichstellung ergänzt, die Frauen und Männer, Blinde und Sehbehinderte und sämtliche Altersgruppen einbeziehen.
Wir haben das Tabuthema Gewalt gegen blinde und sehbehinderte Frauen auf die Agenda gesetztth, mit einem ersten Projekt im Jahr 2003 sowie einem Folgeprojekt vor einigen Jahren, das unter der Leitung unserer jetzigen Generalsekretärin stand.
Zur Förderung von Diversität und Gleichstellung und für das Sammeln von Beispielen guter Praxis haben wir den EBU Equality and Diversity Award (von einem sehbehinderten künstler entworfen) ins Leben gerufen...
Unser Netzwerk ist zudem gut geeignet, wenn es um die Gewinnung von Frauen für Projekte geht, die spezifisches Wissen erfordern, eignet sich aber auch für zukünftige Führungskräfte.
Andererseits müssen Länder stärker dazu bewegt werden, sich mehr an die Verfassung zu halten, da viele immer noch den Teil zu ausgewogenen Delegationen übergehen.
Aufgrund finanzieller Engpässe konnten in den vergangenen 20 Jahren nur zwei Netzwerktreffen (in Zypern und Schweden) abgehalten werden. Wir bemühen uns aber um ein Treffen auf jeder Generalversammlung.
Wir versuchen außerdem, unser Archiv über die Arbeit zu Geschlechterthemen, Vielfalt und Gleichstellung wiederherzustellen, das nicht mehr in den Archiven des EBU-Büros zu finden ist.
8.Was wären Ihre Empfehlungen für ein besseres Gleichstellungsgesetz innerhalb der EBU und darüber hinaus?
(KN) Sich um Geschlechtergleichstellung auf sämtlichen Gesellschaftsebenen zu bemühen. Unsere eigenen Organisationen spielen eine wichtige Rolle. Die EBU kann eine wichtige Rolle bei der Stärkung nationaler Organisationen spielen, die in Bezug auf die Geschlechterparität unausgewogen sind. Treffen ausschließlich für Frauen und zu lehren, was Geschlechtergleichstellung für die Organisation und auch für das Land allgemein bedeutet.
(MK) Auf der GEAR-Konferenz der EBU haben die Teilnehmer die Malmö-Erklärung verabschiedet. Sie fordert konkrete Aktionen, insbesondere in den Bereichen Geschlechtergleichstellung und ausgewogene Vertretung, Diskriminierung und Gewalt gegen blinde und sehbehinderte Frauen und Mädchen, Stärkung und Selbsthilfe, Gleichstellung und bei der BRK/den Nachhaltigen Entwicklungszielen. Ich hoffe, dass die nationalen Organisationen der EBU wie auch der neue Vorstand diese Erklärung annehmen und sie als Grundprinzip nutzen. Ich hoffe wirklich, dass auf der 12. Generalversammlung der EBU perfekt ausgewogene nationale Delegationen einen Bericht über das Erreichen aller in der Erklärung vorgesehenen Maßnahmen erhalten werden.
(AU) Wie ich schon auf der GEAR-Konferenz der EBU erwähnt habe, muss Geschlechtergleichstellung auf der Agenda jeder Organisation für Blinde und Sehbehinderte nach vorne rücken. Das bestehende Frauennetzwerk der EBU müsste auf Europäischer und internationaler Ebene aktiver werden, um eine bessere Lobby zu haben und auf politische Entscheidungsträger einwirken zu können. Aus meiner Sicht sollten blinde und sehbehinderte Frauen mehr Gelegenheiten haben, sich zu engagieren und zu zeigen, wie persönlich und beruflich aktiv zu sein ihre Hoffnungen stärkt und sie in naher zukunft stärkt.
(ULH) Geschlechterthemen sichtbarer zu machen, und zwar für bessere Lebensbedingungen und ein besseres Leben in modernen Gesellschaften im Allgemeinen. Die EBU muss sich mehr Wissen und kompetenzen aneignen, indem sie neue Studien umsetzt und Forschungen auf diesem Gebiet betreibt.
(BB) Eine Vielzahl von Empfehlungen lässt sich in der Malmö-Erklärung 2019 finden, mit einem Fazit und einem Aktionsaufruf von der GEAR-Konferenz der EBU. Ich glaube, dass die EBU mit gutem Beispiel vorangehen sollte. Wie können wir von der Gesellschaft verlangen, inklusiver zu sein, wenn wir selbst nicht das vorleben, was wir in unseren eigenen Organisationen predigen? Alles beginnt mit echtem Engagement, daraus eine geteilte Verantwortung zu machen, die sich in unserer Verfassung, politischen Maßnahmen, Positionspapieren und Aktionsplänen mit Konkreten, effektiven Schritten widerspiegelt.
Die EBU schützt die Rechte und fördert die Interessen blinder und sehbehinderter Frauen und Männer sämtlicher Altersgruppen gleichermaßen.Für mehr Sensibilisierung müssen wir diesen speziellen Wortlaut weiternutzen und bei sämtlicher kommunikation wiederholen.
Der Präsident und der Vorstand sind Vorreiter für mehr Gleichstellung, ebensowie die Generalversammlung. Die EBU sollte ein ausgewogenes Leitungsgremium haben und auch gewährleisten ,dass die Ernennung von Kommissionen mit einer ausgewogenen Mitgliederzahl erfolgt.
Es ist wichtig, die arbeit und die Erfolge zu überwachen und zu schützen, damit Maßnahmen, die eine ausgewogene Vertretung ermöglichen, nicht ohne Weiteres versehentlich oder aus Nichtwissen rückgängig gemacht werden können. Bei der aktuellen Struktur der EBU, wo sämtliche Kommissionen verschwunden sind und es kein alternatives Überwachungsgremium gibt, ist es schwieriger, Entscheidungen und politische Prozesse zu beeinflussen.
Obwohl bereits Schritte in die richtige Richtung unternommen worden sind, ist es Zeit, zu handeln. Die Generalversammlung als höchstes Gremium der EBU sollte nach 20 Jahren des Redens, Nachdenkens und Vorbereitens jetzt über die nötigen Mittel verfügen, die Dinge in die Tat umzusetzen. Viele nationale Mitglieder waren bereits erfolgreich im Bereich Geschlechtergleichstellung. Folgt diesen Beispielen Guter Praxis, es kann gelingen und ist nicht so schwer, wenn wir uns gemeinsam darauf konzentrieren!
(BMM) Ich empfehle einen genaueren Blick auf die Resolution der konferenz, weil sie eindeutig, auf den Punkt formuliert und realistisch ist.