Die UNBRK ist ein wichtiges Instrument für die Arbeit des SRF (EBU-Mitglied in Schweden) für eine gleichberechtigte und barrierefreie Gesellschaft. Die Rechte in der UNBRK stärken Menschen mit Behinderungen und die Behindertenbewegung in Schweden.
Das schwedische Rechtssystem ist von Dualismus geprägt. Das bedeutet, dass UN-Konventionen vom Gesetzgeber umgesetzt werden und es nicht wie in einigen Ländern ist, wo sich eine Privatperson vor Gericht einfach auf die Konvention berufen kann. Die Regierung legt eine Strategie zur Behindertenpolitik fest, die regelmäßig aktualisiert wird und sich auf die Konvention und ihre Leitlinien stützt. Die Konvention soll laut diesem Dokument und in Übereinstimmung mit der UNBRK mit allen relevanten Mitteln umgesetzt werden, um einen Durchbruch zu erzielen. Zwar darf sie vor einem schwedischen Gericht zitiert werden, aber um ihre Wirksamkeit zu gewährleisten, muss sie in schwedisches Recht überführt werden. Die Rechte in der UNBRK können vor Gericht geltend gemacht werden, wenn schwedische Rechtsvorschriften fehlen, um einen Fall vor Gericht zu unterfüttern. Da die UNBRK jedoch kein schwedisches Gesetz ist, kann man sich nicht einfach auf sie berufen, aber sie kann dennoch nützlich sein, um einen Fall zu unterstützen.
Behörden und Entscheidungsträgern fehlt das Wissen darüber, dass Schweden sich zur Einhaltung der Konvention verpflichtet hat, und es mangelt ihnen am nötigen Willen sie durchzusetzen. Die Konvention wird nicht als Grundlage für Entscheidungen vor Gericht und bei Behörden verwendet. Auch bei blinden und sehbehinderten Bürgern besteht ein Wissensdefizit über die Konvention und ihre Anwendung.
Der UN-Ausschuss hat Schweden empfohlen, die Konvention in schwedisches Recht zu überführen. Es ist wichtig, auf eine reibungslose Umsetzung der Konvention in schwedisches Recht hinzuarbeiten, bevor die Arbeit am eigentlichen Gesetz beginnt. Es könnte die Gefahr bestehen, dass, würde die Konvention lediglich in ein Gesetz gegossen, dies dazu führt, dass Menschen mit Behinderungen weniger Möglichkeiten hätten, ihre Rechte einzufordern.
Die Parallel- oder Schattenberichterstattung gibt der schwedischen Behindertenbewegung und den Organisationen der Zivilgesellschaft (OZGs) die Möglichkeit, zusammenzukommen und die aktuelle Situation in Schweden zu analysieren. Wir bringen Themen zur Sprache, die im staatlichen Bericht an den CRPD-Ausschuss in seinem alle vier Jahre stattfindenden Überwachungsprozess nicht behandelt werden. Wir stellen die wichtigsten offenen Fragen in Bezug auf Menschenrechte und die in Schweden lebenden Menschen mit Behinderungen (MmB). Wir verweisen auch auf die in der UNBRK erwähnten Artikel und die nachhaltigen Entwicklungsziele, die für die relevanten Themen von Bedeutung sind. Auf diese Weise wird das Thema durch die Erwähnung der betroffenen Rechte nachhaltig.
Wie der SRF die Konvention in seiner Lobbyarbeit einsetzt
Für sehbehinderte Menschen bedeutet dies, dass wir einige der Themen, die wir jetzt in die Debatte über die im September 2022 stattfindenden Wahlen in Schweden einbringen, aufgreifen wollen. Darunter:
- Der mangelhafte Zugang von Menschen mit Sehbehinderungen zum Arbeitsmarkt.
- Noch immer sind nur etwa 50 % der Sehbehinderten erwerbstätig.
- Besserer digitaler Zugang für Menschen mit Sehbehinderungen in der Gesellschaft.
- Ein Tür-zu-Tür-Service und Begleitdienste.
- Blindenschrift für blinde und sehbehinderte Schüler an Schulen.
Wir beim SRF verwenden den Text aus der Konvention, wenn wir auf Anfragen der Regierung antworten.
Auch wenn wir Berichte auf der Grundlage von Mitgliederbefragungen oder anderen Untersuchungen schreiben, versuchen wir, in der Diskussion oder in der Schlussfolgerung des Textes auf die UNBRK zu verweisen. Ein Beispiel dafür ist unsere kürzlich durchgeführte Umfrage unter älteren Mitgliedern, d.h. 65 Jahre und älter. Sie zeigt, dass Teilhabe und Eingliederung sehr gering ausfallen, dass ältere Menschen mit Sehbehinderungen oft von anderen abhängig sind und nicht die gleichen Lebensbedingungen und Chancen genießen wie nichtbehinderte Menschen.
So nutzen beispielsweise mehr als vier von zehn der Teilnehmer weder das Internet noch digitale Hilfsmittel und Dienste. Die Studie zeigt auch große Unterschiede zwischen Sehbehinderten und der Gesamtbevölkerung über 65 Jahren in Bezug auf Gesundheit, wirtschaftliche Faktoren und die Häufigkeit, mit der sie Einsamkeit und Isolation erleben. Darüber hinaus lassen sich mehr als 50 Prozent der befragten Mitglieder zumindest ein paar Mal pro Woche von Freunden oder Verwandten beim Einkauf von Lebensmitteln oder anderen Gütern des täglichen Bedarfs helfen. Außerdem glaubt fast jeder Fünfte, dass er nicht die Hilfe erhält, die er für einen Umzug in eine angepasste Wohnung benötigt.
In dem Bericht zur Studie führen wir aus, dass der schwedische Staat die Bestimmungen der UNBRK, die von der Regierung vor fast fünfzehn Jahren ratifiziert wurde, nicht erfüllt. Wir verweisen zum Beispiel auf Artikel 19, in dem festgelegt ist, dass Menschen mit Behinderungen ein Recht auf unabhängige Lebensführung in der Gesellschaft haben. Unter anderem müssen Menschen mit Behinderungen Zugang zu verschiedenen Formen persönlicher Assistenz haben, die notwendig sind, um Wohnen und eine Teilhabe an der Gesellschaft zu fördern und Isolation und Vereinsamung zu verhindern.
Auf der Grundlage der UNBRK schlagen wir auch Maßnahmen vor, die Staat, Landkreise und Gemeinden ergreifen müssen, um eine Isolation durch Einsamkeit zu verringern und die Teilhabe und Integration in die Gesellschaft zu verbessern.
Ein weiteres übergeordnetes Ziel des Parlaments ist es, Schweden im IT-Bereich zum weltbesten Land bei der Nutzung von Digitalisierung zu machen.
Tiina Nummi Södergren, erste Vizepräsidentin, SRF
Cecilia Ekstrand und Mikael Ståhl, Referenten für Interessenvertretung, SRF