Von: Dr. Markus Wolf, Präsident des Blinden- und Sehbehindertenverbands Österreich (BSVÖ)
Schon Cicero sagte: “Ein Bild sagt mehr als tausend Worte.” Vor Kurzem hat meine Frau einen Film im Fernsehen gesehen, wo während einer Szene ein Wald nach einem Vermissten durchkämmt wurde. Minutenlang gab es keinen Dialog. Alles, was zu sehen war, so wurde mir gesagt, waren suchende Leute und der ängstliche Gesichtsausdruck vom Vater des Vermissten, der Teil des Suchtrupps war. Hätte der Film Audiodeskription gehabt, hätte ich die Szenen genau verfolgen können. Wahrscheinlich hätten die Filmszenen für eine akkurate Beschreibung vieler Worte bedurft.
Ja, auch Blinde “sehen” gerne Filme. Leider ist nur ein kleiner Prozentsatz an Filmen ausreichend für Blinde und stark Sehbehinderte angepasst.
Sind Sie sehend, fragen Sie sich jetzt vielleicht, was Audiodeskription eigentlich genau ist. Bei Audiodeskription handelt es sich um die Beschreibung von Filmen und Liveevents wie Sportveranstaltungen für Blinde und Sehbehinderte, damit sie Handlungen und Vorgänge gut mitverfolgen können. Dabei werden Dialogpausen dazu verwendet, visuelle Szenen denjenigen, die sie nicht sehen können, zu beschreiben. Dafür wird normalerweise ein zweiter Kanal verwendet, damit jemand, der sich den Film anschaut, sich aussuchen kann, ob er sich die Audiodeskription anhören möchte. Oft sind die Dialogpausen sehr kurz, also müssen kurze, präzise Beschreibungen eingefügt werden, die die wichtigsten Elemente der visuellen Informationen beschreiben.
Einige Filme haben viele Dialoge. Diesen kann ich als Blinder bis zu einem gewissen Grad folgen, weil ich die Geschichte durch das Gesagte der Charaktere nachvollziehen kann. Sitcoms haben allgemein viele Dialoge. Bei anderen Genres gibt es dagegen erheblich weniger. Bei einigen typischen Western wird dadurch Spannung aufgebaut, dass es kaum Dialoge gibt und die Charaktere einander viele Blicke zuwerfen. Als Blinder kann man diesen fast unmöglich folgen. Dabei versteht es sich von selbst, dass es Blinden viel mehr Spaß macht, allen Filmen zu folgen, wenn die Szenen ausreichend beschrieben werden. Das gilt aber nicht nur für Filme. Naturdokumentationen haben im Allgemeinen gute Kommentatoren, wobei die Kommentare auch hier nur eingeschränkt sind und die Bilder selten beschrieben werden. Und hier kann Audiodeskription wichtige Lücken füllen.
Sportveranstaltungen sind auch wichtig. Ein Fußballspiel mit Audiodeskription ist für mich ebenso packend wie vielleicht für Sie. Ähnlich dem guten, alten Radiokommentator beim Fußball werden detaillierte Positionen der Spieler, das Gestikulieren zwischen Trainer und Spielern sowie einzelne Szenen, die sich unter den Zuschauern abspielen, verbal vermittelt. All das zeichnet das große Gesamtbild. Diese Art von Beschreibung ist in Österreich mittlerweile sehr populär, und Sehende haben mir mehrfach versichert, dass sie sich die Audiodeskription auch sehr gerne anhören.
Das Problem dabei ist, dass es Audiodeskription zwar seit den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts gibt, diese jedoch nur bei einem kleinen Teil von Filmen und Veranstaltungen verfügbar ist. Audiodeskription ist eine Form von Information, und Blinde und Sehbehinderte haben ein Gleiches Recht auf Information wie sehende Menschen auch (die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen legt dies eindeutig fest).