Von Merve Sezgin, Leiterin der Abteilung Internationale Beziehungen, Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband
Stand der Dinge in Deutschland
Die Idee für diese EBU-Kampagne ist aus den deutschen Erfahrungen entstanden. Die deutsche Filmförderungsanstalt führt das Filmförderungsgesetz aus. Eine Neufassung des Gesetzes aus dem Jahr 2013 sieht vor, dass die Filmförderungsanstalt nur zugängliche Filme fördern kann. Dies hat zwei unmittelbare Konsequenzen: Filmproduktionsprojekte sind nur dann förderfähig, wenn ihre detaillierte Projektbeschreibung Kosten für eine Audiodeskription beinhaltet, und: Filmverleihprojekte sind nur dann förderfähig, wenn der Verleihfilm eine Audiodeskription enthält. Die Idee ist, dass die deutsche Praxis als gutes Vorbild für das Programm Kreatives Europa in der EU dienen kann, um den Grad an Barrierefreiheit im Kultursektor zu erhöhen.
Aktuelle Regeln für das MEDIA-Programm
Das Unterprogramm MEDIA von Kreatives Europa unterstützt die Film- und audiovisuelle Industrie der EU finanziell bei der Entwicklung, dem Vertrieb und der Förderung ihrer Arbeit. Es trägt dazu bei, Projekte mit einer europäischen Dimension auf den Weg zu bringen und ein neues Publikum zu erreichen. Gegenwärtig umfasst der Rechtsrahmen von MEDIA lediglich die Unterstützung von Audiodeskription audiovisueller Werke. Enttäuschend ist, dass der Vorschlag der Europäischen Kommission für eine neue Verordnung über das Programm Kreatives Europa für den Zeitraum 2021-2027 noch schwächer formuliert ist.
Artikel 7 der überarbeiteten EU-Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste verpflichtet auch die Anbieter von Mediendiensten in Europa, diese kontinuierlich und schrittweise für Menschen mit Behinderungen zugänglich zu machen, unter anderem durch Audiodeskription und Audiountertitel. Daher sollte die EU die Umsetzung der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste durch das Programm Kreatives Europa unterstützen.
Unsere neue Kampagne: Gleichberechtigter Zugang zu Kultur für Menschen mit Sehbehinderungen in der EU
Blinde und Sehbehinderte Menschen benötigen Audiodeskription und Audiountertitel, um gleichberechtigten Zugang zu Filmen zu haben. Innovative Regeln in mehreren Mitgliedstaaten haben den Prozentsatz an verfügbaren barrierefreien Kulturinhalten mit Audiodeskription erweitert. Die EU kann aus diesen Erfahrungen lernen, Filme leichter zugänglich machen und einen inklusiven Kulturraum in Europa schaffen. Um dieses Ziel zu erreichen, haben wir unser Positionspapier entwickelt, in dem vorgeschlagen wird, dass Barrierefreiheit zu den Auswahlkriterien des Programms gehören sollte. Wenn es so umgesetzt wird, wie wir es vorschlagen, ist es ein kostenneutraler Weg, damit das MEDIA-Programm in Bezug auf Barrierefreiheit zu mehr Maßnahmen beitragen kann.
Unsere Forderungen
Für den Zeitraum 2021-2027 fordern wir, dass MEDIA seine Förderkriterien auf die Zugänglichkeitsanforderungen ausdehnt: Unterm Strich sollte das Programm Kreatives Europa für 2021-2027, zumindest wie sein Vorgänger, eine Unterstützung von Audiodeskription audiovisueller Werke zu den Fördermaßnahmen für das MEDIA-Unterprogramm zählen. Wir fordern in unserem Positionspapier, dass Audiodeskription und Audiountertitel zu den Auswahl- und Vergabekriterien gehören sollten, auf deren Grundlage Vorschläge, die für eine MEDIA-Finanzierung in Frage kommen, bewertet werden. Zum ersten Mal sollten bis 2027 mindestens 25% der Filme, die eine MEDIA-Förderung erhalten, eine Audiodeskription und Audiountertitel aufweisen. Der Prozentsatz an Filmen, die die Zugänglichkeitsstandards erfüllen, sollte schrittweise erhöht werden, bis alle Filme mit Audiodeskription versehen sind.
Unser Positionspapier zur MEDIA-Förderung für die europäische Filmindustrie können Sie hier lesen.